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©opyright Iris Hoth, 1999

 

K a t z e n    s i n de l e k t r i s c h !

Sven nahm ein paar Schritte Anlauf und landete nach kühnem Sprung neben seiner großen Schwester im Bett.
"Mensch, paß doch auf!" zischte die, während sie aber schon bereitwillig ein Stück zur Seite rutschte, um dem kleinen Bruder Platz zu machen. So machten sie es immer, nachdem die Eltern sie ins Bett geschickt und sich selbst vor den Fernseher zurückgezogen hatten. Den hörten sie aus der unteren Etage so laut, daß ihr eigenes Tuscheln und Kichern ganz gewiß nicht bis zu den Eltern drang. Dann erfanden sie Gespenster bis sie sich vor den im Dunkeln schwimmenden Schatten fürchteten und unter der Bettdecke einander knufften und kitzelten, um die Geister wieder zu verscheuchen, die sie gerufen hatten. Kichernd und mit heißen Gesichtern wühlten sie sich wieder aus den Kissen frei.

"Du Detta"
"Hm?"
"Du Detta, weißt du eigentlich, daß Katzen elektrisch sind?"
"Wie kommst'n auf sowas?" Detta schaute herablassend und erwartungsvoll zugleich zu ihrem Bruder.
"Na ja, weil die Mulli, die hat nachts die Lampe an."
"Hä?"
"Ja, und dann leuchten ihre Augen. Genauso wie die im Rübenkopf an Sankt Martins."
"Katzen sind nicht elektrisch!" flüsterte Detta leise aber bestimmt und "Du spinnst!"
"Und warum leuchten dann der Mulli ihre Augen so?"
"Weil...." So angestrengt Detta auch grübelte, eine einleuchtende Erklärung wollte ihr nicht einfallen. "Also, sie ist nicht elektrisch, weil sie hat ja auch gar keinen Stecker."
Sven grinste. "Das geht mit Batterie" trumpfte er auf.
"Blödsinn!" konterte Detta und kitzelte ihren Bruder am Bauch, ehe ihm noch mehr einfiel, auf das sie keine Antwort gewußt hätte. Eine neuerliche Quieksrunde unter der Bettdecke schloß sich an.

Die Kinder wurden mucksmäuschenstill, als sie unten Schritte hörten, lauschten mit angehaltenem Atem. Und Sven war schon aus dem Bett und tapste auf nackten Füßen zur Tür - "Luft ist rein" - und schon war er draußen.

Stattdessen kam Mulli ins Zimmer gehuscht. Mit einem eleganten Satz war sie auf dem Bett und bei dem Mädchen. Als sie ihr Köpfchen an Dettas Wange stieß, knisterte es und ein kleiner Funke sprang von Mullis Fell und verglühte in der Dunkelheit. Und noch einer, als Detta ihre Hand auf Mullis Rücken legte. Und als Mulli mit zwei Sprüngen aus dem Bett und auf der Fensterbank war und ihr von dort einen durchdringenden Laserblick zuwarf, schwanden Dettas letzte Zweifel.

Katzen sind doch elektrisch!

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