– h o t )-( s p o t –

Frühgedichte II
1982-86

©opyright Iris Hoth

 

home back
 
 
 
Ein Stückchen Traurigkeit
stahl ich mir vom Himmel
und tanzte mit der Poesie
weinend, lachend, atemlos, berauscht
von der Ewigkeit und ihrer Melodie.

Ein Stückchen Himmel,
doch nicht mehr –
ein Wolkenschatten flog
darüber hin und überzog
leis die Augenspiegel.

Ein Stückchen Wolke,
im Wind
ein Nebelschleier nur,
der zerreißt und verfliegt, und es bleibt
nicht mal mehr eine Spur.

 
 
 
 
Schau, wie die Ideale bröckeln,
wie des Menschen Ziel sich wendet.
Was in der Jugend ihm verpönt war,
wird im alter bald vollendet.

Zum Hausherrn wird der Vagabund,
zum Eremit der Weitgereiste,
zum Schoßtier wird der Höllenhund,
zur Sonne der, der sie umkreiste.

Der frühere Vermittler steht
eitel bald beim Sündenpflock,
zum Richter wird der einst Verständge,
und zum Gärtner wird der Bock.

 
 
 
 
Herz, Schmerz, Liebe, Trauerspiel,
jung, frisch, himmelstürmend groß,
erhebend sich im Traumprofil,
läßt nicht locker, läßt nicht los.

Los! – Die uralten Gespenster,
die Geister, die des Menschen Sinn
bewegen, neigen, bald erregen
zu einem Andern hin.

Bis die ersten Sterne fallen,
stürzen Liebe, Wohlgefallen,
brechen, was so hoch gedacht,
nieder ohne Halt und Stop.

Laut schreit die Nacht und leise
verklingt, verstummt die schöne Weise.
Ach, wie so schnell sie doch verging.

Eins, zwei, drei und hopp –
zum unbeschwerten Neubeginn.

 
 
 
 
Wenn Du nicht da bist, schweigt die Zeit.
Und die Nacht muß ohne mich zur Ruhe gehn.
Ich welchem Bett – ich weiß nicht – schlafen die Stunden?
Und jeder Atemzug, der geht,
Schauder! Dich erwartend.
 
 
 
 
Wir leeren diesen Krug zusammen
bittren Schirlings bis zum letzten Grund.
Wir schwören diesen Bund zusammen
und stellen die Vergänglichkeit ins Aus.

Gehn wir leben, brechen wir auf,
stürmen Wolken, schweben
und fallen nicht
und halten uns darauf
und machen dem Tod den Garaus.

Und setzen an zum kühnen Sprung,
ein Wagnis, daß den Vögeln gleich
uns Flügel wachsen und ein Nest Erinnerung
Wärme hat, uns aufzufangen,
wenn wir verglühn.

 
 
 
 
wenn längst die letzte zigarette
verquollen starr und wein
in matten gläsern abgefüllt

ich klopf den takt der letzten melodie
lieder rauschende nacht
schweigt die welt
zum fenster mir herein

ich trink den rauch der letzten stunde
ein bild such ich
ein letztes bild das blieb
ich raub es dir du zeit und ewigkeit

den schrei des bruchteils der sekunde
ich freß ihn saug ihn
küß mich mein geliebter
küß mich

 
 
 
 
Die sich ewig ähnelnden Triebe –
Liebschaften, sag ich,
und heb mein Glas.
Martin, Enzo, wie sie alle hießen –
Ihr macht den Himmel blaß.

Was suchtet Ihr in meinem Leben?
Schwer atmend tauschten sich da Körper und Gefühl.
Lüge war's, sich schnell belebend, schnell vergessen,
ein Wind, der Halme biegt, sie beben
in einer Nacht von Schattenrissen.

 
 
 
 
Eine Fessel und ein Knebel,
ein Stolperstein.
Deine Nähe, Klotz am Bein,
hält mich gefangen.
Die Berührung wird zuviel.
Meine Hand neben der Deinen
sucht die Flucht.
Zu oft
die Übung der Vermummung,
täglich neu erbaute Einsamkeit
von Mensch zu Mensch.